Der höchste Grad der landschaftlichen Gartenkunst ist nur da erreicht, wo sie wieder freie Natur, jedoch in ihrer edelsten Form, zu sein scheint.

Pückler-Muskau, Andeutungen über Landschaftsgärtnerei, 1834

Landschaftskunst

Gartenkunst, Naturmalerei, Landschaftskomposition: Pücklers Meisterwerk in Bad Muskau trägt viele Attribute – und das zu Recht. Als der Fürst den Park an der Neiße gestaltete, bediente er sich Stilmittel der Landschaftsmalerei. Vorder-, Mittel- und Hintergrund sind harmonisch aufeinander abgestimmt.

Außerhalb des zentralen Pleasuregrounds, der auf Bauwerke bezogen ist, gehen die weitläufigen Parkräume harmonisch in die umgebende Landschaft über. Fürst Pückler gestaltete den Park ausschließlich mit den ureigensten, der Natur abgeschauten Mitteln der Landschaft, indem er die vorgefundene topographische Situation weitgehend beibehielt und die Architektur der landschaftlichen Dimension seines Kunstwerks unterordnete.

Parkwege als stumme Führer tragen Sorge, dass dem Besucher keine Attraktion verborgen bleibt. Vielmehr leiten sie ihn nahezu unmerklich, damit er immer wieder neue Blicke, Sichtachsen, Perspektiven in der Inszenierung wahrnimmt, die im Grunde keine Architektur braucht. Pückler schuf einen Sinnesraum, in dem sich Menschen bewusst oder unbewusst wohlfühlen.

Seine Visionen beschrieb der Fürst in dem 1834 erschienenen Werk „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“, einem vielzitierten Buch der Gartenliteratur, reich an gärtnerischen Aphorismen, kunstvollen Bildquellen und Entwürfen sowie präzisen Plänen.

Schlosspark

Der Schlosspark umfasst die zentralen Bereiche mit dem Schlossensemble, den Blumengärten, dem sogenannten Pleasureground und dem sich anschließenden eigentlichen Park bis zur Neiße.

Bergpark

„Man betritt … ein neues Gebiet auf den westlichen Hügeln, die sich längs der Stadt hinziehen, während man den hinter ihr liegenden steilen Bergabhang allmählich ersteigt“, schreibt Pückler in seinen „Andeutungen“

Östlicher Parkteil

Seit 1945, als nach dem Zweiten Weltkrieg die Grenze zwischen Deutschland und Polen neu gezogen wurde, ist der Muskauer Park zweistaatlich.

UNESCO-
Welterbestätte

Dass der Muskauer Park seit 2004 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes steht, ist maßgeblich Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785–1871) zu verdanken. Er schuf beiderseits der Neiße ein Meisterwerk, das als der klassische Landschaftsgarten bezeichnet wird. Der grüne Fürst gilt als Begründer der modernen Landschaftsgestaltung mit Einflüssen, die über Europa hinaus bis nach Amerika reichten. Pücklersche Prinzipien sind nach wie vor aktuell: Mit seinen 1834 erschienenen „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ verfasste er ein bis heute viel zitiertes Lehrbuch. Neben allgemeinen Hinweisen zur Anlage eines Landschaftsgartens beschreibt Pückler darin seine Vision des Muskauer Parks, der sich heute auf dem Territorium zweier Staaten erstreckt. Durch einen gemeinsamen deutsch-polnischen Antrag gelangte der Park auf die Welterbe-Liste. Nicht zuletzt wurde damit das grenzüberschreitende Management bei der Pflege des kulturellen Erbes von Pückler gewürdigt.

+ Begründung

Der Muskauer Park/Park Mużakowski ist ein außergewöhnliches Beispiel eines europäischen Landschaftsparks sowie einer künstlerischen Ideallandschaft. Der Park steht darüber hinaus für einen neuen Ansatz der Landschaftsgestaltung im städtischen Raum. Gemäß der UNESCO-Welterbekonvention wurde der Park am 2. Juli 2004 in die Liste des Welterbes aufgenommen. Die Aufnahme in diese Liste bestätigt den herausragenden universellen Wert eines Kultur- bzw. Naturdenkmals, das im Interesse der gesamten Menschheit Schutz erfordert.

So steht es in vier Sprachen auf dem Gedenkstein, der 2005 an der Doppelbrücke an der Jeanetteninsel aufgestellt wurde. Auf Deutsch, Polnisch, Englisch und Französisch ist an symbolischer Stelle zu lesen, weshalb der Muskauer Park den UNESCO-Titel trägt.

+ Deutsch-Polnischer Antrag

Die Initiative, den Muskauer Park auf die Liste des Weltkulturerbes zu bringen, ging von Polen aus. Andrzej Michałowski, Direktor der polnischen Zentralbehörde für den Schutz und Erhalt von Schloss- und Gartenensembles und später des Zentrums zum Schutz der historischen Kulturlandschaft, rief am 3. Oktober 1990 dazu auf, der UNESCO diesen Vorschlag zu unterbreiten. Damit rannte er auf deutscher Seite offene Türen ein, auch wenn die Idee ein paar Jahre brauchte, um zu reifen.

Der Prozess gewann an Dynamik, als Robert de Jong, Präsident des ICOMOS-IFLA-Komitees für historische Gärten und Kulturlandschaften, 1998 offiziell als internationaler Berater für den Muskauer Park eingesetzt wurde. Schließlich kam dem Park ein Beschluss des Welterbekomitees von 2001 zugute, wonach sich grenzüberschreitende Stätten zusätzlich zu den in den nationalen Vorschlagslisten aufgeführten Bewerberstätten um den UNESCO-Titel bewerben können.

Die deutschen und polnischen Partner ergriffen die Chance, indem sie gemeinsam den Antrag für den Muskauer Park schrieben und 2002 einreichten. Nachdem auch der geforderte Managementplan vorlag, befasste sich das Welterbekomittee der UNESCO am 2. Juli 2004 im chinesischen Suzhou zustimmend mit dem gemeinsamen Antrag aus zwei Ländern und Pücklers Gartenkunstwerk wurde mit der Aufnahme ins Weltkulturerbe geadelt. Die Übergabe der Urkunde erfolgte ein knappes Jahr später, am 27. Mai 2005, an symbolischer Stelle direkt vor Ort: auf der Doppelbrücke inmitten des zweistaatlichen Gartendenkmals.

+ Management

Pücklers Erbe an der Neiße wird in einer international beispiellosen Kooperation restauriert und gepflegt. Die Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau” arbeitet dazu kontinuierlich mit dem Nationalen Institut für das kulturelle Erbe in Warschau (Narodowy Instytut Dziedzictwa – NID) und dessen Außenstelle in Łęknica zusammen. Die grenzüberschreitenden Kontakte sind über Jahre gewachsen und drücken sich in verschiedenen Projekten im Park aus. Ein erster Höhepunkt noch vor Gründung der Stiftung war am 30. Oktober 1991 die Wiederaufstellung des Pücklersteins. Das Symbol für die deutsch-polnische Zusammenarbeit steht unweit des Neißeufers auf östlicher Seite. Seit Beseitigung des Wildwuchses öffnet sich von der Anhöhe wieder ein grandioses Panorama in Richtung Neues Schloss.

Einem sensationellen Erfolg glichen die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die 1998 für deutsche und polnische Jugendliche unter dem Titel „Arbeiten und Lernen über Grenzen“ begannen – in Kooperation mit regionalen und nationalen Arbeitsverwaltungen beiderseits der Neiße. Bis heute lebt dieses Projekt.

Nach gut fünf Jahrzehnten der Vernachlässigung ist die enge räumliche Verzahnung der beiden Parkteile längst wieder erlebbar. Damit es so bleibt oder eindrücklicher wird, kommen regelmäßig Arbeitsgruppen mit Vertretern aus beiden Ländern zusammen, um Pflegemaßnahmen und Bauvorhaben im Park zu koordinieren.

Der Geschäftsführer der Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“, Cord Panning, sagt über das Wiederentstehen des Muskauer Parks in seiner Ganzheit:

Jede wichtige politische Etappe verbindet sich mit einem denkmalpflegerischen Meilenstein im zweistaatlichen Parkgefüge. Daher bezeichnen wir unsere Arbeit in dem 2004 als deutsch-polnisches Weltkulturerbe der UNESCO gelisteten Landschaftsgarten nur allzu gern als politisches Gärtnern. Die wiederentstandenen Brücken und Sichtachsen waren nie nur Ausdruck fachlichen Erfolges. In ihnen schwang und schwingt auch stets die Symbolik der politischen Verständigung mit.

(Auszug aus: Der Muskauer Park. Ein Spaziergang auf fürstlichen Spuren, 2017)

Muskau … die That meines Lebens
Pückler-Muskau, Tagebuch, 7. Sept. 1846

Geschichte

Pücklers Parkomanie

1815 legte Hermann Fürst von Pückler-Muskau einen Landschaftsgarten an, der weltweit seinesgleichen suchen sollte. Er gestaltete seinen Park außergewöhnlich modern und kunstsinnig. So wurde Pückler zu einem der bedeutendsten deutschen Landschaftsgestalter. Doch längst nicht alle Gartenträume konnten realisiert werden – ein Vergleich von Vision und Realität lohnt sich.

Vision und Realität

Parkschöpfer Pückler ließ sich für sein Werk von englischen Gärten anregen. Vor allem deren romantische Burgen und Paläste beeindruckten ihn, weil sie von jahrhundertelanger Herrschaft zeugten. Gern hätte Pückler auch in Muskau eine mittelalterlich anmutende Burg bauen lassen. Dazu ist es allerdings nie gekommen.

Das Neue Schloss wollte Pückler klassizistisch umbauen lassen. Ein Entwurf des Architekten Karl Friedrich Schinkel lag bereits vor, doch aus Geldmangel wurde daraus nichts. Stattdessen gaben Pücklers Nachfolger dem Bau ein Aussehen im Stil der Neorenaissance.

Pücklers Nachfolger

Pücklers Erbe trat Prinz Friedrich der Niederlande (1797–1881) an. Ihm und den späteren Besitzern, den Grafen von Arnim, gelang es, die vom Fürsten hinterlassenen weißen Flecken in der Parkkomposition auszufüllen. Sie griffen unvollendete Bauvorhaben auf und erneuerten nicht mehr funktionsfähige Brücken.

Neue Planungen ordneten sie – bis auf wenige Ausnahmen – sensibel in die bestehende Anlage ein.

Pücklers Vision

Realität

Teilung ab 1945

Am Ende des Zweiten Weltkrieges verlief die Frontlinie wochenlang mitten durch das Muskauer Neißetal. Etwa 70 Prozent der Stadt, alle Neißebrücken und das Alte Schloss fielen den Kriegsereignissen zum Opfer. Das Neue Schloss brannte am 30. April 1945 nieder, vermutlich durch Brandstiftung, und stand Jahrzehnte als Ruine im Park. Am schwersten für das weitere Schicksal des Muskauer Parks wog jedoch die Neubestimmung der deutsch-polnischen Staatsgrenze. Sie wurde nach den Beschlüssen der Alliierten von Teheran, Jalta und Potsdam festgelegt. Die Neiße – bis dahin wichtiges Bindeglied und Gestaltungselement im Park – markierte ab 1945 eine schier unüberwindbare Trennlinie.

Westlich der Neiße gelang es, den Landschaftsgarten weitgehend unversehrt zu erhalten. Trotz Materialknappheit und unzulänglicher Parktechnik zeigten sich Gärtner dabei ausgesprochen erfindungsreich. Der östliche Parkteil, für den die polnische Forstverwaltung zuständig war, fiel dagegen in einen regelrechten Dornröschenschlaf. Flächen wucherten zu oder wurden sogar zugepflanzt, so dass ein undurchdringlicher Urwald entstand.

Neubeginn nach 1988

Im Bemühen, beide Parkteile endlich wieder zusammenzuführen, kam es 1988 zum Durchbruch. Deutsche und polnische Denkmalpfleger unterzeichneten im polnischen Grünberg (Zielona Góra) einen Vertrag zur gemeinsamen Wiederherstellung des Muskauer Parks als Gesamtkunstwerk. Die politische Wende erleichterte den Vorstoß ab 1989 erheblich. Auf der polnischen Seite wurde der Park dem Kulturministerium in Warschau direkt unterstellt. Der deutsche Parkteil ging 1992 aus dem Eigentum der Stadt Bad Muskau an den Freistaat Sachsen über.

Unter Regie der 1993 gegründeten Stiftung „Fürst-Pückler-Park Bad Muskau“ begann die Restaurierung und Sanierung der Bauten im Schlosspark. Dazu zählen u. a. Orangerie, Schlossvorwerk, Doppelbrücke, Englische Brücke und Schlossgärtnerei. Der Wiederaufbau des Neuen Schlosses wurde 2013 vollendet.

Der Fürst-Pückler-Park Bad Muskau ist als deutsch-polnisches Gemeinschaftsprojekt ein Musterbeispiel für unsere gutnachbarschaftlichen Kulturbeziehungen. Und ganz zweifellos ist er einer der Höhepunkte im an Kunst wahrlich reichen Freistaat Sachsen.
Staatsministerin Monika Grütters, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, 2016

Pückler

Exzentrisch, eigenwillig, schillernd – Wer war Pückler?

Exzentrisch, eigenwillig, schillernd – Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785–1871) fehlte es weder an Selbstbewusstsein noch Extravaganz. Heinrich Heine nannte ihn den „fashionabelsten aller Sonderlinge“. Als Gartengestalter entwickelte der kreative Aristokrat eine regelrechte Manie. Manches blieb nur eine Vision in schönen Bildern auf dem Papier. Was der Parkomane letztlich verwirklichte, hinterlässt unbestritten Eindruck – nicht nur in Bad Muskau.

+ Fürst

Was den Zeitpunkt seiner Geburt betrifft, war Hermann ein Sonntagskind. Er kam am 30. Oktober 1785 zur Welt – als ältestes von fünf Kindern. Die Ehe seiner Eltern stand unter keinem guten Stern, war sie doch aus rein pragmatischen Gründen per Vertrag geschlossen worden. Pücklers Großvater, der Graf Hermann von Callenberg, hatte seine Tochter Clementine mit dem 16 Jahre älteren Erdmann von Pückler verheiratet. Dessen Familie gehörte seit 1696 das Rittergut Branitz.

Vom Vater übernahm Hermann Graf von Pückler 1811 die Standesherrschaft Muskau. Der Fürstentitel wurde ihm 1822 verliehen. Schon 1815 hatte er sich mit einem Aufruf an die Muskauer Bürger gewandt, ihm Land für seine großen Pläne zu übereignen: die Anlage eines Landschaftsgartens zu beiden Seiten der Neiße.

+ Gartenkünstler

Pückler verschrieb sein Leben der Gartenkunst. Über drei Jahrzehnte hinweg arbeitete der Fürst von 1815 bis 1845 an seinem Muskauer Park, der ihn mit großen Landschaftsarchitekten wie Sckell oder Lenné auf eine Stufe stellte. Dabei bremsten ihn immer wieder finanzielle Nöte und zähe Grundstücksverhandlungen.

Um sein Werk wenigstens auf dem Papier zu vollenden, verewigte der Fürst seine Parkvision 1834 in den „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ – bis heute in Fachkreisen ein Standardwerk. Als Landschaftsgestalter wirkte Pückler auch in Neuhardenberg, Babelsberg, Thüringen, Paris und Branitz.

+ Weltreisender

Ob Orient oder Okzident – Pückler fühlte sich überall zu Hause. So mag es nicht verwundern, wenn er freimütig bekannte: „Wieviel mehr lebt man doch auf Reisen!“ Vor allem orientalische Sitten und Gebräuche faszinierten den unternehmungslustigen und rastlosen Fürsten. Jahrelang entzog er sich dem Muskauer Alltag, indem er durch die Welt reiste: nach England, Irland, Frankreich, in die Schweiz, nach Italien, Griechenland, Ägypten oder in den Sudan.

Unterwegs in der Welt, scheute sich Pückler nicht vor absurden oder gar makabren Inszenierungen, getreu dem Motto: „Bei mir heißt es nicht: Was werden die Leute davon sagen? Sondern: Werden auch die Leute etwas davon sagen?”

Zahlreiche Anekdoten beschreiben seine einfallsreichen Auftritte, etwa einen vor dem Café „Kranzler“ in Berlin. Nach eigener Schilderung soll der Fürst dort in einer Kutsche mit weißen Hirschen vorgefahren sein, obwohl sich diese Art von Tieren doch gar nicht zähmen lässt…

+ Schriftsteller

Pückler brachte zehn Buchtitel mit insgesamt 29 Bänden heraus, darunter sein bekanntestes Werk „Briefe eines Verstorbenen“. Während seiner Englandreise von 1826 bis 1829 hatte Pückler seiner Gefährtin Lucie in zahlreichen Briefen berichtet, was er erlebte. Der Fürst sezierte darin die englische Gesellschaft, charakterisierte sie schonungslos und geistreich. Diese Schriften veröffentlichte Pückler schließlich unter Pseudonym. Zum weltweiten Erfolg des Buches trug Goethe mit einer äußerst positiven Rezension wohl wesentlich bei.

Die große Bekanntheit der „Briefe eines Verstorbenen“ erreichte kein anderes Werk von Pückler, trotz exotischer Titel wie „Semilasso in Afrika“, „Aus Mehemed Ali´s Reich“ oder „Südöstlicher Bildersaal“.

+ Frauenverehrer

Frauen beflügelten Pücklers Geist. Ob Aristokratinnen, Bürgerliche, Künstlerinnen – der erfolgreiche Charmeur pflegte zahlreiche Bekanntschaften und Korrespondenzen, etwa mit Augusta Prinzessin von Preußen, mit der Schriftstellerin Bettina von Arnim oder der Sängerin Henriette Sontag. Liebesbriefe ordnete er für den besseren Überblick sogar alphabetisch.

Seine Ehefrau Lucie, geb. von Hardenberg, nannte Pückler liebevoll „Schnucke“. In ihr fand er auch noch nach der Scheidung eine treue Lebensgefährtin, tolerante Unterstützerin und mütterliche Freundin.